Katrin Freisager, Going Nowhere, Nowhere At All
Kunst am Bau, Cityport, Zurich, 2002

Digitaldruck auf Diafolie auf Glas, Innenfassade, 23 Fenster à 2.60 x 3.32 m each

Die Zürcher Künstlerin hat mit ihrer Fotoinstallation den Kunst am Bau Wettbewerb 2001 von PwC Consulting gewonnen.

Die Aufgabenstellung war klar: Für den Arbeitsort, einen hochdynamischen Durchlauferhitzer, einen geistigen Brutkasten,, in welchem täglich hunderte von Mitarbeitern ein und ausgehen, wo Firmenstrukturen analysiert und neu konzipiert werden, Ideen materialisiert und Materielles auf Grundsätzliches befragt wird, war ein adäquates Kunstwerk zu realisieren. Katrin Freisager hat diese Aufgabenstellung auf Menschen und Bewegung eingegrenzt.

"Kunst ist Bewegung im Kopf" lautet eine gängige Definition von Kunst. Und was könnte eine bessere Metapher dafür sein als Beine, Beine die in den verschiedensten Richtungen hin und herlaufen, die sich kreuzen, stillstehen, sich ausweichen und sich begegnen. Die Beine, welche die Künstlerin fotografiert und übergross als Diafolien auf die Fenster appliziert hat, sind sinnlich nah und gleichzeitig in eine diesige Ferne gerückt. Sie sind greifbar und erkennbar, aber auch ignorierter - ein scheinbar abstraktes fleischfarbenes Muster, das den Korridor mit einem sinnlichen Flimmern auflädt.

Die sanften Rottöne von Freisager Beinen lassen die unterschiedlichsten Assoziationen anklingen. Gleichzeitig geben die schattenhaften Umrisse räumliche Durchblicke, Einblicke, Ausblicke frei. Bei Nacht und Innenbeleuchtung strahlen sie nach aussen, am Tag ist es umgekehrt. Je nach Blickwinkel werden sie zu Säulen, zu wuchernden Baumstämmen, zu Höhlen und Pflanzengirlanden. Und doch sind es immer auch Beine, die uns in einen Bewegungsstrom eintauchen lassen, die vorbeiziehen oder - wie auf der Glasfront der Cafeteria - stillstehen und Einhalt gebieten.
Die translusziden Bilder von Katrin Freisager, die als Interface zwischen der Innen- und Aussenhülle des Gebäudes vermitteln, suggerieren eine Kreativität, welche als sinnliche Aussetzer, kreative Pausen oder psychedelische Traumbilder, rationale Gedankengänge aushebeln und in eine andere Richtung bringen, Bewegungsflüsse umleiten und neu bündeln.

Katrin Freisager Beine wirken androgyn. Die Künstlerin hat die Figuren im Gegenlicht fotografiert. Sie wirken, als ob sie gerade aus dem Fokus geraten seien, etwas verwischt, unscharf und dadurch in ständiger Bewegung. "Going Nowhere , Nowhere at All". Mit dem fragmentarischen schwebenden Charakter der Gestalten setzt die Künstlerin der im Cityport pulsierenden zielgerichteten Geschäftswelt auch einen Hauch Weiblichkeit entgegen, eine spynxhafte körperliche Präsenz, die uns vielleicht einen Bruchteil länger verweilen lässt, die auf Fragen keine plakativen Antworten liefert, diese dafür mit einer kleinen Brechung zurückspiegelt - die Brechung, welche oft den Unterschied zwischen einer rationalen pragmatischen Lösung und einer kreativen Neusicht der Dinge ausmacht.

Claudia Jolles


Katrin Freisager Going Nowhere, Nowhere At All
Kunst am Bau, Cityport, Zurich, Switzerland 2002
Installation View, Slide film on glass, interior facade, 23 windows 2.60 x 3.32 m each